Jenseits der Heide: Annette von Droste-Hülshoff (Mi 12.15 – 13.45 h)

Raum: H-B 4419/20

Weiblichkeit, Provinz, Adel und Katholizismus – bereits eine dieser Eigenschaften hat in Deutschland lange genügt, um literarische Autorschaft fragwürdig werden zu lassen. Annette von Droste-Hülshoff vereinte sie alle vier. Dass die Germanistik die Dichterin schon früh dem „Biedermeier“ oder der „Restauration“ zugeordnete und ihre Texte mit Vorliebe biographischen Lektüren unterzog („Unglück!“), hat dann ein Übriges dazu beigetragen, das Bild Annette von Droste-Hülshoffs als fromme westfälische „Heidedichterin“ festzuschreiben und sie an den Rand des ‚echten‘ literarischen Kanons zu schieben. Erst die jüngere Forschung hat das thematisch, ästhetisch und weltanschaulich breit gefächerte Werk dieser Autorin als Ganzes in den Blick genommen und dabei seine bestürzende Qualität ebenso aufgedeckt wie die Widerständigkeit und Abgründigkeit seiner Stoffbehandlung.

Auf just diesem Niveau wird sich das Seminar Annette von Droste-Hülshoff und vor allem ihren Texten nähern. Die aus dem Schulunterricht (vermeintlich) bekannten „westfälischen“ Dichtungen wie Die Judenbuche oder Der Knabe im Moor werden dabei durch Lektüren ihrer Dramen, Versepen und Gedichtzyklen – darunter Literatursatiren, orientalisierende Lyrik und Kriegsliteratur – in einem völlig anderen Licht erscheinen. Und auch der neu justierte Blick auf die Rezeptionsgeschichte „der Droste“ wird Überraschendes zutage fördern. Eine Exkursion zur Burg Hülshoff und zum Rüschhaus ist geplant.

Literaturhinweis: Annette von Droste-Hülshoff Handbuch. Hrsg. v. Cornelia Blasberg und Jochen Grywatsch. Berlin/ Boston 2018 [E-Ressource der Siegener UB]