Das Seminar soll allen Studierenden Gelegenheit geben, aktuelle Medienforschung zu diskutieren. Das geschieht zum einen durch die Diskussion tatsächlicher und möglicher Diplomarbeits-, Masterarbeits- oder Doktorarbeitsthemen, zum anderen durch einen Blick in aktuelle Medienforschungen (etwa aus den Bereichen der Infrastrukturforschung und der Medienethnographie). Vorschläge zur Diskussion von Forschungsartikeln und Bucherscheinungen des Jahres 2007 sind willkommen.

Medienwissenschaftliche Theoriebildung ist von einer fast traditionellen Zweiteilung geprägt: Auf der einen Seite finden sich empirisch handhabbare Ansätze mittlerer Reichweite und meist mikrotheoretischer Ausrichtung, auf der anderen Seite umfassende sozialtheoretische Großkonzepte, die auf Grund ihrer Gesamtextension und ihres Abstraktionsgrads analytisches Arbeiten extrem voraussetzungsreich machen. In neueren technikhistorischen und -soziologischen Arbeiten gerät die eingespielte Unterscheidung von "Mikro" und "Makro" in eine Grundlagenkrise, die zu einer Inversion des theoretischen Maßstabs, vom Top-Down- zum Bottom-Up-Argumentieren, geführt hat.

Dieses medientheoretische Seminar betrachtet Medien in verschiedenen Größenordnungen und untersucht die Vermittlungsschritte, die notwendig sind, um vom Lokalen zum Globalen bzw. vom Kleinen zum Großen und umgekehrt zu gelangen. Der Mikro-Makro-Maßstabwechsel soll dabei vor dem Hintergrund der praktischen Verschiebung zwischen Mikro- und Makromedien diskutiert werden: Wie schaffen es Medien, sich für die Mikro-Ebene (vor Ort) einzurichten, und dabei lokale, regionale, nationale, interkontinentale, weltweite Verflechtungen zu erzeugen? Und wie stellen Medien wie Google Earth selber Größenordnungen dar, die sich dann als allgemeine Vorstellungen durchsetzen?

Auf der technologischen Ebene lässt sich eine fortschreitende Miniaturisierung der zugleich konvergierenden Unterhaltungs- und Kommunikationsmedien bis hin zum Ubiquitous Computing durch RFID-Chips und Wearable Computer beobachten. Ist der analoge und digitale Medienumbruch eine Funktion der Mikro- und Makrologisierung? Haben Medienumbrüche also notwendiger Weise immer dann stattzufinden, wenn die Medienminiaturiserung an technologische Grenzen stößt und deren massenmediale Durchdringung zugleich ein Makroniveau erreicht?

Im Bereich der Hard Science nehmen die Präfixe Astro, Mikro oder Nano nicht mehr nur eine beschreibende, sondern mehr und mehr eine "propagandistische" Rolle ein, um den Alleinvertretungsanspruch für eine Forschung zu manifestieren, bei der Prozesse gestaltet und (scheinbar) beherrscht werden, die jenseits des anthropomorphen Maßes liegen. Was kann die Medientheorie bzw. eine Theorie der Kulturtechniken von der Nanoforschung lernen, in der Mikroanalysen genügen, um Makrogeschichte zu schreiben?

Die Verschränkung von Medien und Ritualen läßt sich in drei
Hinsichten entfalten: (1.) Rituale als Medien, (2.) Medien in
Ritualen/Rituale in Medien, (3.) Medien als Rituale. Zur Erläuterung:
(1.) Rituale erzeugen selbst vielfältige Formen der Medialisierung,
und alles in allem bestehen sie nur aus den Abläufen ihrer
Medialisierung: sie arrangieren und transformieren zu ihren Zwecken
(A.) Personen (etwa als Ausführende, Leiter, Publikum, Patienten oder
'Medien', i.e. Trancemedien), (B.) Artefakte (eigens hergestellte
rituelle Gegenstände und Alltagsgegenstände) und (C.) Zeichen jeder
Art. Die Transformationen der dritten Art führen zur (2.) Hinsicht:
Medien jeder Art (etwa die Bücher der Buchreligionen oder Bilder)
werden in Rituale integriert, und umgekehrt werden Rituale in nicht-
modernen und modernen Medien kondensiert (etwa in Kultbildern),
zweckentfremdet, adaptiert und dokumentiert. Und seit den 1970er
Jahren gibt es (3.) immer wieder medientheoretische Anstöße,
bestimmte moderne Medien (prominent etwa das Fernsehen) oder alle
Medien als Formen der Ritualisierung, und ihre Produktion,
Zirkulation oder Rezeption als Ritualgeschehen zu betrachten. Das
Seminar soll alle drei Aspekte des Themas aus der Forschungsliteratur
diskutieren, und hierfür audiovisuelle Zeugnisse verschiedenster Art
heranziehen.