Beeinflusst durch das mathematische Informationsmodell von Claude E. Shannon entwickelte der Philosoph Michel Serres eine Kommunikationstheorie. In dieser besetzt die Figur des Parasiten eine bezeichnende Rolle. Der Parasit ist zugleich ein Störgeräusch, eine Trickster-Persönlichkeit, ein mikroskopisch kleines Tier und ein Mensch, der Nassauer. Als wesentlicher Bestandteil jeglicher Kommunikation agiert er nicht nur lokal. Seine Intention ist es vielmehr, globale Infrastrukturen durch den Handel mit Informationen zu etablieren und diese angemessen instand zu halten. Diese infrastrukturellen Bemühungen des Parasiten können als charakteristischer Marker für die heterogenen Ausprägungen von Medienpiraterie verstanden werden. Während des untersagten Konsums und Recyclings sowie der illegalen Zirkulation und Produktion von Medien bilden sich wirkmächtige Infrastrukturen der Piraterie heraus. Zum einen unterlaufen sie andere Infrastrukturen, wie die der Rechtssprechung, zum anderen rufen sie neue Formen sozialer oder technischer Infrastrukturen ins Leben. Für solche Konstellationen sollen im Seminar spezielle mediale Techniken der Piraterie – z.B. das Raubkopieren, Plagiieren, Tauschen und ‚ausbreiten in bereits besetzten Räumen’ – in den Blick genommen werden. Neben einer medientheoretischen Auseinandersetzung ausgehend von Serres infrastrukturell angelegter Kommunikationstheorie werden im Seminar praxisnahe kulturhistorische und gegenwartsbezogene Beiträge zur Diskussion stehen. Beispiele hierfür sind: die Ursprünge parasitärer Logiken in der Seeräuberei und ihre medialen Raubzüge (das ‚unter fremder Flagge segeln’ oder das Kopieren und Etikettieren von Markenzeichen anderer); das Vermächtnis der Kassettenkultur bzw. Mixtapekultur für die digitale Welt und die hier anschließende Auseinandersetzung mit dem Schutz des geistigen Eigentums; die Abkopplung des subsaharischen Afrikas vom legalen Massenmarkt und das resultierende Piraterie-Netzwerk von filmischen Werken der Hollywood-Industrie in Nigeria.