Der australisch-amerikanische Ausnahmeethnologe Michael Taussig ging als frisch ausgebildeter Arzt in den späten 1960er Jahren nach Kolumbien, um die Guerilla zu unterstützen. Schnell musste er einsehen, dass das, was aus der Ferne ausgesehen hatte wie ein Befreiungskrieg, nur eine andere Form von Gewalt war, die sich gegen die große Masse der Zivilbevölkerung richtete. Über historische Studien zu Grundbesitz und Landaneignung kam er zur Beschäftigung mit der Gewalt, die die kolumbianische Putumayo-Region seit der Zeit des Kautschukbooms um die Wende zum 20. Jahrhundert fest im Griff zu haben schien. Schreibend erkundete er die Gewalt und ihre merkwürdige Faszination, deren Zustandekommen er mithilfe experimenteller Schreibweisen nachvollzog. In der Arbeit mit einheimischen indigenen Schamanen erkundete er die lokale medizinische Arbeit der Heilung vom Terror mit Hilfe von drogeninduzierten Visionen, deren Kraft er dann auf seine eigene Arbeit übertrug.

Diese Veranstaltung befasst sich mit der Rolle des Schreibens im Werk von Michael Taussig. Ziel ist es, nach einer gründlichen Lektüre ausgewählter Texte zu einer eigenen Theorie über den Zusammenhang von Schreiben, Gewalt und Wahrheit zu gelangen.