Am Anfang der Gender Studies stand die Einsicht, dass Männlichkeit und Weiblichkeit nicht als biologisches Faktum, sondern als gesellschaftliche und kulturelle Konstruktionen zu verstehen seien. Nichts anderes hatte bereits Simone de Beauvoir 1949 mit ihrer berühmten Formulierung, dass man nicht als Frau geboren, sondern dazu gemacht werde, im Sinn gehabt. Von den Anfängen der feministischen Theorie im Anschluss an Simone de Beauvoir bis zum ausgehenden 20. Jahrhundert haben die Gender Studies indessen eine intensive Entwicklung durchgemacht, die von einer Reihe höchst einflussreicher theoretischer Werke entscheidend geprägt wurde. Mit einigen der bekanntesten dieser Werke werden wir uns im Seminar eingehender beschäftigen. Das Spektrum der besprochenen Texte reicht von der feministischen Theorie über die Diskursanalyse und Performanztheorie bis hin zu maßgeblichen psychoanalytischen und soziologischen Beiträgen zur Männlichkeitsforschung. Anhand zentraler Kapitel werden wir jeweils die wichtigsten Thesen und Argumente herausarbeiten, Gemeinsamkeiten und Unterschiede aufdecken und die Leistungen und Grenzen der Beiträge kritisch würdigen. Im Einzelnen werden wir die folgenden sechs Texte – in der Reihenfolge ihrer Nennung – einer auszugsweisen, exemplarischen Lektüre unterziehen, wobei wir mit Michel Foucaults berühmter historischer Studie über die Diskursabhängigkeit des Sprechens über Geschlecht und Sexualität beginnen werden, die als einziges Werk von allen TeilnehmerInnen komplett gelesen werden sollte:

  • Michel Foucault, Histoire de la sexualité I: La volonté de savoir (Sexualität und Wahrheit: Der Wille zum Wissen, 1976)
  • Simone de Beauvoir, Le deuxième sexe (Das andere Geschlecht, 1949)
  • Judith Butler, Gender Trouble (Das Unbehagen der Geschlechter, 1990)
  • Pierre Bourdieu, La domination masculine (Die männliche Herrschaft, 1998)
  • Klaus Theweleit, Männerphantasien, 2 Bde. (1977)
  • Raewyn Connell, Masculinities (Der gemachte Mann: Konstruktion und Krise von Männlichkeiten, 1995)

Abgesehen von der für alle verbindlichen Lektüre von Foucaults Studie kommt auf die TeilnehmerInnen die Aufgabe zu, sich noch (mindestens) mit einem weiteren Werk aus dieser Liste näher zu beschäftigen. Das detaillierte Seminarprogramm und eine Auswahlbibliographie stehen den TeilnehmerInnen ab Anfang April auf Moodle zur Verfügung.

Literatur:

Bitte schaffen Sie sich alle Michel Foucaults Buch Histoire de la sexualité I: La volonté de savoir, Paris: Gallimard, 1976/Sexualität und Wahrheit I: Der Wille zum Wissen, Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1983 an. Wer Französisch studiert, sollte unbedingt die Originalausgabe lesen; alle anderen können auf die deutsche Übersetzung ausweichen. Alle weiteren behandelten Texte werden als Kopiervorlagen bzw. in elektronischer Form auf Moodle zur Verfügung gestellt. Bitte melden Sie sich daher rechtzeitig vor Veranstaltungsbeginn auf Moodle an! Zur ersten Orientierung eignet sich Franziska Schößler, Einführung in die Gender Studies, Berlin: Akademie Verlag, 2008.

Voraussetzungen:

Regelmäßige Anwesenheit und aktive Mitarbeit sowie die vor Semesterbeginn absolvierte Lektüre von Michel Foucault, La volonté de savoir / Der Wille zum Wissen.

Leistungsnachweis:

Für 2/3 (Studienleistung) KP: Referat (Vortrag, Präsentation, ggf. Thesenblatt) einzeln oder, je nach Teilnehmerzahl, in der Gruppe; für 3 (Prüfungsleistung)/5/7 KP: zusätzlich längere schriftliche Arbeit.