Im 18. Jahrhundert wurden nicht nur die mathematischen Grundlagen der Linearperspektive formuliert (Brook Taylor/Johann Heinrich Lambert). Ebenso gab es Bestrebungen, die auf empirischen Beobachtungen beruhende Farbperspektive und das Clair-obscure durch photometrische Messungen zu systematisieren (Pieter Camper/Johann Georg Sulzer/Gaspard Monge/Jean-Baptiste Biot). Doch gegen diese wissenschaftliche Vermessung des malerischen Bildraumes regte sich auch Widerstand bei einigen Künstlern, die den Wahrheitsgehalt dieser Objektivierungen in Frage stellten. Sie interessierten sich eher für die expressiven und rhetorischen Effekte, die sich mittels perspektivischer Konstruktionen erzielen ließen. Darüber hinaus bestimmten neue Bildtechniken wie Panoramen, Dioramen und Fotografien zunehmend die zeitgenössische Seherfahrung, was sich auf die Konzepte des Bildraums auswirkte.
 

Lernziele: Nach einer Einführung in die Grundlagen der Linearperspektive in der Malerei der Frühen Neuzeit und den paradigmatischen Stellenwert der Perspektive für die Geschichte des Faches gibt die Vorlesung einen Überblick über die Problematik der Raumdarstellung in der Malerei des frühen 19. Jahrhunderts. Obwohl es sich um eine Vorlesung handelt, ist die Diskussion im Anschluss des Vortrags erwünscht.

Ausgewählte Literatur: Martin Kemp, The Science of Art. Optical Themes in western art from Brunelleschi to Seurat, New Haven/London 1990.
James Elkins, The Poetics of Perspective, Ithaca/NY 1994, insbes. Kap. 5 and 6.
Jonathan Crary, Techniken des Betrachters. Sehen und Moderne im 19. Jahrhundert, Dresden/Basel 1996 (engl. Erstausg. 1990).