In dem ersten Teil des Seminars (23.5., 24.5.) setzen wir uns mit dem Thema Rassismus aus historischer, theoretischer und diskursiver Perspektive auseinander. Ziel ist es, historische Kontinuitäten rassistischer Denkmuster zu erkennen und deren Wirkung auf moderne Gesellschaften analysieren zu können. Dafür beschäftigen wir uns zunächst mit frühen Formen der Differenzierung und Fremdwahrnehmung von der Antike bis zur Frühen Neuzeit. Im Anschluss daran thematisieren wir die beginnende Verwissenschaftlichung des Rasse-Diskurs und den kulturellen Rassismus des 18. Jahrhunderts. Wir sprechen darüber, wie diese Ansätze im 19. und 20. Jahrhundert unter dem Einfluss des Evolutionismus in die so genannten Klimatheorien, kolonialrassistische Vorstellungen und schließlich in die Rassenlehre, den Antisemitismus und die Biopolitik der Nationalsozialisten mündeten. Für diesen Teil ist die kritische Lektüre von Theorietexten und die Bereitschaft zur Diskussion unbedingt erforderlich. Alle Teilnehmenden sind verpflichtet, an der Vorbereitung und Diskussion der Texte aktiv mitzuwirken.
Der zweite Teil des Seminars besteht aus einer Exkursion nach Hamburg (23.-26.6.), die für alle Teilnehmenden verpflichtend ist. Vor dem Hintergrund des erworbenen Wissens über die Geschichte rassistischen Denkens werden wir uns mit den komplexen Verflechtungen zwischen der Kolonialpolitik des Kaiserreichs, den damit zusammenhängenden Genoziden und Menschenrechtsverletzungen und der nationalsozialistischen Expansions- und Vernichtungspolitik beschäftigen. Dieser Zusammenhang ist Gegenstand einer unter Historiker*innen und Opfergruppen kontrovers und international geführten Debatte um die Singularität des Holocaust, mögliche Kontinuitäten zwischen Kolonialismus und NS und die Frage nach der angemessenen Erinnerung an diese Epochen deutscher Geschichte. Daher nimmt in unserem Programm der Aspekt der Erinnerung an die Geschichte der von uns besuchten Orte und ihre Aufarbeitung eine wichtige Stelle ein. Die Frage nach Verflechtungen und Kontinuitäten konkretisieren wir im Rahmen eines Studientags in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme.
Als Leistungsnachweis für die SL ist die Übernahme eines Kurzreferates zu einem der besuchten Erinnerungsorte verpflichtend.
Lektüre:
Christian Geulen: Geschichte des Rassismus. München: Beck 2021.
Sebastian Conrad: Deutsche Kolonialgeschichte. München: Beck 2019.