Wenngleich bereits die antiken Römer in ihren Villen am Meer dem "otium", dem Müßiggang, frönten, hängt doch die Entdeckung des Strandes als eines eigenständigen anthropologischen Ortes, zu dem eine eigene Zeit - die der Ferien - gehört, eng mit dem im 17. Jahrhundert aufkommenden Tourismus zusammen. Die Hochphase der Meeresbetrachtung an der Küste, der Freizeitaktivitäten und Parallelgesellschaften, die sich am Strand bilden, scheint nunmehr in eine Dauerkrise geraten: hohe Wasserstände und schlechte Wasserqualität, Küstenerosion und durch Massentourismus verursachte Zerstörungen haben das Ende des Strandes eingeläutet. Aus diesem Grund widmet sich das Seminar den möglichen Zukünften, den Versprechen des Strandes: dem Strand als Medium kollektiver und individueller Entwürfe, aber auch den Medien und Infrastrukturen, die den Strand als solchen hervorgebracht haben.
Das Seminar ist als Exkursionsseminar konzipiert, d.h. es setzt einen dreitägigen gemeinsamen Strandaufenthalt bei Ostende voraus (Übernachtung in einer Jugendherberge), währenddessen wir Strand und Strandleben exemplarisch erfahren und beschreiben wollen. Außerdem werden wir ihn unter folgenden Gesichtspunkten (und mit folgenden Lektüren) diskutieren:
1 Strand erfahren: Was ist er, wohin entschwindet er? Was ist der Zustand der Küsten?
2 Strand als soziale Phantasie. „Unter dem Pflaster der Strand“. Lektüre: Michael Taussig, The Beach
3 Strand als anthropologischer Ort. Geselligkeit- und Gesittungsbildung am Strand. Lektüre: Alain Corbins, Meereslust. Das Abendland und die Entdeckung der Küste.
4 Strand und terrain vague. Das Mögliche, das Utopische. Der Strand und das Ende der Utopien (z.B. im Robinson). „… wie am Meeresufer ein Gesicht im Sand“. Strand als Theorieort (Michel Foucault)
5 Konkrete Strände: Ostende, Ipanema, Kalifornien, Coney Island, Italiens Küste (Die Küstenrundfahrt von Pasolini), Neapel
6 Medial: Strandfilme, Strandbücher, Strand als Ort der Tourismusindustrie, Infrastrukturen des Tourismus
- Dozent/in: Ulrich van Loyen