Sprache und geopolitischer Raum fassen den möglichen Rahmen unserer
Untersuchungsgegenstände als Medien, die von Akteuren aus diesen Räumen
produziert werden. Eine Nationalsprache oder -identität ist jedoch ein
Konstrukt, das nicht nur durch Regionalismen und Idiosynkrasien
gebrochen werden kann, sondern auch durch die Ausweitung dieser Räume,
wie in unserem Fall von Spanien nach Lateinamerika. Texte und andere
Medien materialisieren dabei diese Konstrukte, (de-)stabilisieren sie
und schaffen Zugänge, die eine gewisse Art der literacy verlangen, welche wir durch kultur- und literaturtheoretische Zugänge erarbeiten.
Plattformen und soziale Medien erweitern diese Materialitäten und Räume
und erfordern dadurch eine angepasste Herangehensweise, die als digital literacy
in diesem Seminar fokussiert werden soll. Wir erproben dabei zum einen,
inwiefern wir uns diese Medien und Plattformen zunutze machen können,
um ‚andere‘ Zugänge zu einem spanischsprachigen Raum zu erhalten (als
Lokalisierung). Zum anderen stellen wir Konzepte wie Nationalidentität
auf die Probe und in Frage, indem wir diese in ihrer digitalen
Materialität dekonstruieren und auch experimentell manipulieren (als
Entgrenzung transkultureller und -medialer Art).
1) Nationalidentität vs. Nutzermodelle: Wir gehen von einer
Identitätskonstruktion auf den Plattformen aus, die verschiedene
Dynamiken und Dimensionen beinhalten kann. Wir werden uns daher
experimentell ein ‚neues‘ digitales Selbst konstruieren, um diese
latenten Strukturen sichtbar zu machen, die auch in den Kategorien und
Strukturen der Plattform verzeichnet sind. Dafür erarbeiten wir kultur-
und medientheoretisch Typologien und Räume der Identität auf den
Plattformen.
2) Reisepass vs. Virtual Private Networks: Eine Möglichkeit diese Zugänge zu manipulieren ist die Nutzung sogenannter virtual private networks
(VPN). Über diese kann der ‚nationale“ Zugang bewusst gesteuert werden
und erlaubt dabei Praktiken wie das geoblocking zu umgehen. Wir werden
uns dieser Doppelung der Distributionssysteme basierend auf
Nutzermodellen und Nationalräumen durch die Auswahl eines Nationalraumes
und einer Plattform und die systematische Dokumentation der
Beobachtungen in einem Medientagebuch annähern. Ziel ist es, die Vor-
und Nachteile dieses ‚digitalen Auslandsaufenthaltes‘ zu eruieren und im
besten Fall Nutzungsempfehlungen und Anwendungsbeispiele zu
formulieren.
- Dozent/in: Hans Eduard Bouchard