Nach dem Soziologen Pierre Bourdieu (1993) ist Jugend nur ein Wort, das mit unterschiedlichen Vorstellungen verbunden ist und sich sozial konstituiert. Aus jugendtheoretischer Perspektive wird Jugend als biologische, psychische und biografische Phase, als formative Phase im Lebenslauf verstanden (vgl. Hurrelmann 2016). Der Jugendforscher Paul Eisewicht verweist auf zwei zentrale Sichtweisen auf Jugend: Zum einen sei mit Jugend eine romantische Innovationskraft für gesellschaftliche (Er-)Neuerungen und für gemeinschaftliches Miteinander verbunden, zum anderen eine Gefährdung für Persönlichkeitsbildung und soziale Ordnung (vgl. Eisewicht 2019, S. 6). In diesem Seminar wollen wir diese Sichtweisen auf Jugend problematisieren und fragen, in welcher Weise jugendliche Protestformen in der medialen Öffentlichkeit mit Formen gesellschaftlicher Erneuerung oder mit einer Gefährdung gesellschaftlicher Ordnung verbunden werden. In Zeiten tiefgreifender Mediatisierung sind jugendliche Protestformen ohne mediale Infrastrukturen nicht denkbar.

Im Seminar wollen wir uns zunächst anhand verschiedener Fallbeispiele mit unterschiedlichen Formen netzbasierten Protests und Aufbegehrens auseinandersetzen. Dazu gehören Online-Proteste und Protestbeiträge in sozialen Medien, Protest und Einflussnahme in digitalen Spielen, politische Partizipations- und Protestmöglichkeiten im Internet, digitale Protestformen von jungen Influencer*innen sowie Nachhaltigkeitspraktiken und damit verbundene Visualisierungsstrategien auf Instagram, TikTok und YouTube. Darüber hinaus soll es auch um Formen der Bewertung jugendlichen Protests in verschiedenen journalistischen Publikationen gehen. Dabei werden wir uns an aktuellen Debatten orientieren und diese inhalts- und bildanalytisch auswerten. Schließlich wird es in einem kleineren Block um die fiktional-filmische Verhandlung jugendlicher Protestformen gehen. Hier werden die aktuellen Filme Und morgen die ganze Welt (2020, Julia von Heinz) und Moxie. Zeit zurückzuschlagen (2021, Amy Poehler) diskutieren.