Menschen erfinden und erzählen Geschichten, um Welt zu verstehen und damit ihrem Dasein einen Sinn einzuschreiben – so eine verbreitete Theorie der kulturwissenschaftlichen Erzähltheorie. Dass der Tod seit jeher ein zentrales Motiv von Mythen und Erzählungen ist, zeigt die Notwendigkeit, die menschliche Angst vor diesem rational schwer zu verstehenden und zu akzeptierenden Phänomen zu bewältigen. Fiktionale Filme und Computerspiele bieten medial spezifische Verhandlungsorte dieser Diskurse rund um Zeitlichkeit und menschliche Lebens-Läufe, Verwundbarkeit, Sterben und Postmortalität. Neben Aspekten der audio-visuellen Gestaltung ist insbesondere die Ebene der Narration bzw. der Dramaturgie relevant - scheint mit dem Lebensende doch auch eine Erzähl- oder Spieleinheit abgeschlossen zu sein. Bezeichnenderweise steht der Tod jedoch nur selten am unmittelbaren Ende eines Films oder Games. Um Tod gleichsam zu bewältigen, ist eine Coda, eine Aufklärung, ein Vermächtnis nötig. Zur medialen Denkbar-Werbung muss Tod als Möglichkeit zur Rekursion, als (Neu-)Anfang, als Zwischenstadium narrativisiert werden. Somit fordern ludische Elemente im Computerspiel ein Handeln gegen den Tod des Avatars mit dem Ziel des Über-Lebens.

Diese Thesen werden im Seminar weiterverfolgt und anhand von Beispielen veranschaulicht. Dabei betrachten wir verschiedene Genreformen und fragen, welche spezifischen Bedeutungen des Todes in Krimis, Actionern, Horror-/Zombiefilmen und -games, Kriegsfilmen/-games, Dramen, Kinder-/Animationsfilmen eingeschrieben sind. Dabei werden auch historische Aspekte wie die jeweiligen sozialen/familiären, religiösen und medizinischen Um-/Wissensstände der jeweiligen Entstehungszeit berücksichtigt. Die Bandbreite möglicher zu analysierender Filme und Spiele ist groß und reicht von A Guy Named Joe (USA 1943), Lola rennt (D 1998) und Saving Private Ryan (USA 1998) hin zu Games wie Call of Duty, Tomb Raider und The Void. Punktuell können auch Serien wie etwa Game of Thrones und The Good Place besprochen werden.