Queere Theorien haben sich in den vergangenen Jahren verstärkt mit der kulturell konstruierten Figur des Kindes beschäftigt. Es wird kritisiert, dass das Kind oftmals als Repräsentant einer reproduktiven Zeitordnung eingesetzt wird, die auf traditionellen Familienbildern und heterosexuellen Beziehungskonstrukten basiert. Gleichzeitig bietet das Kind aber auch die Möglichkeit, aus diesen Konventionen auszubrechen, weil es mithilfe von Spiel und Imagination andere Identitäts- und Wirklichkeitsentwürfe erfahrbar machen kann. Durch diese Vervielfältigung von Möglichkeiten wird ein Seitwärts-Wachsen möglich, das einem zielgerichteten, einspurigen „Auf-Wachsen“ entgegengesetzt wird.

Gemeinsam wollen wir diese queertheoretischen Perspektiven mithilfe von Texten von Lee Edelman, Judith Halberstam und Kathryn Bond Stockton nachzeichnen, diskutieren und anhand von Beispielen veranschaulichen. Untersuchungsgegenstände sind u.a. Kinderbücher und -filme, die häufig kindlich-anarchische Spiel-Räume eröffnen, gleichzeitig aber auch die Notwendigkeit aufzeigen, das immer schon queere Kind letztlich mit (heteronormativen) Konventionen zu sozialisieren. Diese Prozesse können als pädagogisch beschrieben und kritisch betrachtet werden. Doch wie können pädagogische Theorien und Praktiken aussehen, in denen Wissen nicht in ausschließenden, binären Begriffen organisiert und bewertet wird (z.B. richtig/falsch), sondern in denen Bedeutungen „seitwärts wachsen“ dürfen? Gemeinsam wollen wir an der Denkbar-Werdung und Umsetzung dieser pädagogischen Utopie arbeiten.

Das Seminar geht von den oben genannten kulturwissenschaftlich-philosophischen Theorien aus, die auf praktische Aspekte angewandt werden. Naheliegende Fragen etwa zur Sexualpädagogik in Schulen werden nur am Rande besprochen.

Voraussetzung ist die Fertigkeit und Bereitschaft, englischsprachige Texte zu lesen. Vorwissen im Bereich der Queer Studies ist hilfreich, aber keine Voraussetzung.