„Unsere Konzepte von ‚Wissen‘ und von ‚Lernen‘ sind in Koevolution mit den Medien entstanden, in denen unsere Kultur ihr Wissen gespeichert und verbreitet hat.“ Wenn wir dieser mediologisch grundierten These des Medientheoretikers Michael Giesecke (2005) folgen, müssen wir annehmen, dass die traditionelle Buchkultur mit ihren linearen und hierarchischen Formen der Organisation, Speicherung und Vermittlung von Informationen mit entsprechenden Formationen des Wissens, des Lernens und (daraus folgend) mit Formen von Schule und Universität gekoppelt sind. Digitale Medien lassen sich nun nicht widerstandslos in die bestehenden Strukturen integrieren – das zeigen nicht zuletzt die Probleme digitaler Schulbildung in Corona-Zeiten. Vielmehr braucht „[d]ie posttypographische Bildungspolitik […] posttypographische Konzepte von Wissen, Wissensschöpfung und Kommunikation“ (Giesecke 2005). Werden diese konsequent entwickelt und umgesetzt, führen sie in letzter Instanz zu grundlegenden Transformationen hinsichtlich u.a. „architektonischer“ Bildungsorte/Lernumgebungen, den Funktionen von vermittelnden Instanzen, den Hierarchien zwischen Lehrer*innen/Erwachsenen und Schüler*innen/Kindern sowie zwischen Wissensinhalten („hoher“ und „populärer“ Kultur), den Praktiken der Kooperation/Kollaboration etc.

 

Im Kurs wollen wir diesen Ansatz gemeinsam verfolgen, indem wir 1) die Koevolutionen zwischen Medien (Technologien, Formen der Verbreitung und Vermittlung) und Kulturen des Wissens, Lehrens und Lernens historisch verfolgen, 2) aktuelle digitale Medienkulturen auf die Generierung, Artikulation und Be-/Verarbeitung von Informationen und Wissen hin betrachten und 3) hieraus Schlussfolgerungen für pädagogische Praktiken des Lehrens, Lernens und der Bildung ableiten. Mit Blick auf unsere eigenen universitären Lehr- und Lernerfahrungen und auf die vergangenen Online-Semester entwickeln wir in Projektgruppen eigene Bildungskonzepte im Sinne digitaler Wissens- und Lehr-/Lernkulturen.