Gegenstand queerer Kulturanalysen sind die kulturellen Prozesse der Herstellung von Identität – ausgehend von den als Differenzen konstruierten/erlebten Begriffspaaren „Mann“ und „Frau“ sowie „heterosexuell“ und „homosexuell“. Zahlreiche Queer Studies verfolgen die Thesen, dass die Prozesse der Identifikation binäre Ordnungsmuster benötigen und legitimieren, welche zudem normativ operieren: „Mann“ und „Frau“ sowie „heterosexuell“ und „homosexuell“ sind also in den Dynamiken eines Machtverhältnisses ungleich aufeinander bezogen.

Judith*Jack Halberstam unterzieht – vor dem Hintergrund queerer Lebensentwürfe und -praktiken – das Begriffspaar Erfolg/Scheitern einer kritischen Kulturanalyse. Dabei betrachtet Halberstam Denkmuster des Erfolg(en)s wie Vermehrung, Weitergabe/Reproduktion und Optimierung kritisch und skizziert Potenziale des In-der-Welt-Seins, die jene ausgegrenzten Motive des Vergessens, des Nicht-Wissen-Wollens, des Vergeudens, der Absage, der Destruktion, kurz: des Scheiterns in sich bergen. Auf ebenso provokante wie gewitzte Weise und mit politischem Nachdruck beschäftigt sich Halberstam mit so unterschiedlichen Phänomenen wie digitalen Animationsfilmen, stupid movies und faschistischer Motivik in homoerotischen Fotografien.

Nach einer Einführung in die Queer Studies steht ein close reading des Buches The Queer Art of Failure im Zentrum des Seminars – flankiert von ergänzenden Texten (etwa zu Susan Sontags camp-Begriff). Eingebunden werden ebenfalls Lektüren von Bezugstexten und Buchrezensionen, wodurch eine kritische, mehrperspektivische Betrachtung möglich wird.

Die Studierenden bilden für die jeweiligen Text(abschnitt)e Expert*innen-Gruppen, in denen sie für die Sitzung Beispielmaterial und Hintergrundinformationen recherchieren und bereitstellen. Zudem formulieren Sie 5-6 Fragen, mit deren Hilfe sie die Textbesprechung im Seminar moderieren. Begleitend entsteht – dem Projekt Halberstams folgend – ein gemeinsames Online-Forum, ein „silly archive“, in dem Misslungenes, Übersehenes, Ausschuss/Spam etc. gesammelt wird.

Die Texte bieten den theoretischen Nährboden, auf dem das Seminar bewusst explorativ und experimentell ablaufen kann - inkl. Aussetzern, Absagen und scheinbaren Blödheiten: Scheitern auf jeden Fall erwünscht!