Daß Medien künstliche Umwelten erzeugen oder künstliche Umwelten sind, ist seit Marshall McLuhan eine gängige Möglichkeit der medientheoretischen Zuspitzung. Im interkulturellen und menschheitsgeschichtlichen Vergleich empfiehlt sich die empirische Umkehrung dieser Einsicht: Welche künstlichen Umwelten haben Menschen hervorgebracht und sich eingerichtet, und welche Medien sind dabei entstanden? Und wie sehen die künstlichen Umwelten der Medien ganz konkret, also 'vor Ort' aus? Diese empirische Frage führt in ganz verschiedene Räume und Forschungen: in die Geschichte der Domestizierung, in die Labors der Naturwissenschaften, in die Rituale der Totemisten, in die Weltraumforschung und ihre Planung künstlicher Umwelten, in die Geschichte von Altären und Bildern, in die Räume und Vorläufer-Räume von Multimedia-Installationen. Als gemeinsamer Nenner aller dieser Räume erscheint die Maßstabs-Frage: wie kann es gelingen, eine ganze Welt oder eine abgesonderte Welt im Kleinen, d.h. im Maßstab eines verwendbaren und erfühlbaren Ortes, zu konstruieren und zu erfahren? Das Seminar soll sich dieser Maßstabs- Frage in historischer und theoretischer Hinsicht widmen. Zur Vorbereitung empfiehlt sich: Bruno Latour, "Pragmatogonie oder: Gibt es eine Alternative zum Fortschrittsmythos", in: ders., Die Hoffnung der Pandora, Frankfurt/M. 2000, S. 236-264; sowie: Peter Sloterdijk, Sphären, I-III, Frankfurt/M. 1998-2004; und zur empirischen Erdung: Donald E. Norman, Dinge des Alltags, Frankfurt/M. 1989.
- Dozent/in: Erhard Schüttpelz