Das historische Massenmedium Museum ist noch immer eine zentrale Institution der Wissensvermittlung und der Identitätskonstruktion. Fine Art, Populärkultur, Globalkunst, Geschichtsdeutung, Technikvermittlung, Sachgeschichte, Objekte des Eigenen und „Anderen“ – kaum ein Bereich ist dem musealen Zugriff in Deutschland entzogen. Doch keine andere Museumsform wird zur Zeit so heftig in Frage gestellt wie das ethnologische Museum. Gegründet als nationale Institution zur Erziehung des Bürgers repräsentierte das ethnologische Museum einst das exotische Fremde der kulturell „Anderen“. Einerseits öffneten Museen den Blick auf die Welt, andererseits dienten sie der Selbstvergewisserung auf das Eigene und unterstützten damit das Gefühl nationaler Zugehörigkeit. Diese Funktion scheint in einer pluralen Gesellschaft zunehmend obsolet und der Gestus des Zeigens und Erklärens anderer Welten angesichts weltweit zirkulierender Medien und neuen Möglichkeiten der Selbstrepräsentation überholt. Was bleibt von der kolonialen Repräsentation der eigenen Macht und den „Menschheitsthemen“ der selbst erklärten Aufklärer des 19. und 20. Jahrhunderts?

In diesem Seminar wollen wir die aktuellen Debatten aufgreifen, die sich am Neubau des Humboldts-Forum in der Mitte Berlins entzünden und anhand grundlegender Texte der Museumsforschung und postkolonialen Theoriebildung diskutieren. Insbesondere aber wollen wir die musealen Medienpraktiken kritisch in den Blick nehmen und dafür die Selbstdarstellung ausgewählter Museen untersuchen und eine ethnographische Lehrforschung im Museum vornehmen.

Welche Akteure, welche Praktiken und Strategien des Ordnens, Präsentierens und Beschreibens, welches Zusammenspiel von Objekten, Texten und Medienstationen stecken hinter der „black box“ Ausstellung? Bei einer Exkursion in das Rautenstrauch-Joest Museum – Haus der Kulturen werden wir in Kleingruppen einzelne Ausstellungsbereiche daraufhin untersuchen und die Ergebnisse anschließend diskutieren.

Regelmäßige Mitarbeit, Bereitschaft zur selbstständigen Recherche und zum Lesen auch englischer Texte und Teilnahme an der Exkursion sind Voraussetzungen zur Teilnahme am Seminar.

Die Vorbesprechung erfolgt in der ersten Sitzung am 12. 10.2017.