Vor etwa einem Jahr wurde im ZDF die Sendung Das Literarische Quartett wiederbelebt, jenes berühmt-berüchtigte TV-Format, mit dem der FAZ-Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki in den 1990er Jahren endgültig zum Literaturpapst avancierte. Es galt seinerzeit als besonders originell und buchstäblich unterhaltsam, Neuerscheinungen des Buchmarkts in einer geselligen Runde zu besprechen, sie zu belobigen oder gnadenlos zu verreißen. Letzteres sorgte gemeinhin für die größeren Einschaltquoten. Dabei war diese Idee historisch betrachtet durchaus nicht vollkommen neu. Bereits im Frankreich des 17. Jahrhunderts entstanden jenseits des Machtzentrums um den französischen König kleinere schöngeistige Zirkel, häufig unter der Ägide adeliger Frauen, in denen munter über den kulturellen Zeitgeist geplaudert wurde. Neben der letzten Theater- oder Opernpremiere standen dort auch literarische Novitäten auf der Agenda dieser neuen Art der Geselligkeitskultur. Nach Deutschland kam diese Welle der Salonkultur zur Zeit der Weimarer Klassik und entwickelte sich schnell zum adäquaten Forum für neue aufstrebende Künstler, Mode- und Geschmacksfragen sowie allerlei Klatsch und Tratsch.

In unserem Seminar stehen zwei Zielsetzungen auf dem Programm: Einerseits soll die Entwicklung des literarischen Salons kulturhistorisch aufgearbeitet werden vom intimen Kreis adeliger Connaisseurs bis hin zu Zirkeln im öffentlichen Raum (z.B. Café) und zum massenmedialen Unterhaltungsformat vor großem Publikum. Andererseits möchten wir selbst einen solchen Salon durchführen, um gemeinsam in größerer Runde über vielbeachtete Neuerscheinungen der französischen Literatur zu diskutieren.

 

Um uns einen Eindruck von den Anfängen der Salonkultur zur Zeit der französischen Klassik zu verschaffen, werden wir gemeinsam den Roman La Princesse de Clèves/Die Prinzessin von Kleve (1678) von Madame de Lafayette lesen, die zu den bekannten Figuren des Pariser Salonlebens gehörte. Sodann schlagen wir Neuerscheinungen aus den Bereichen Literatur und Sachbuch vor, die sich in der letzten Zeit größerer öffentlicher Aufmerksamkeit erfreuen konnten. Für diese Bücher, die von französischen Lebenswegen bzw. französischen „Kultorten“ erzählen, sollen sich je einzelne oder mehrere Seminarteilnehmer zuständig fühlen: durch Rezensionen, Präsentationen und Gespräche. Für ein oder zwei Salonsitzungen am Ende des Semesters werden wir auch Gäste einladen, am Ende kann ein kleines Heft gemeinsam erstellt werden, und wenn alles gut läuft, gibt es eine Sendung des Campus-Radios.