Im Rahmen des Seminars werden wir Krisen-Erzählungen im und über das gegenwärtige(n) Europa nachspüren. Inwieweit ist die ökonomische, soziale, politische und auch symbolische Krise Europas in zeitgenössischen Texten überhaupt Thema? Wie wird die Euro-, wie die Flüchtlingskrise erzählt? Wie erzählt man die Finanzkrise, wie kommt die sogenannte ‚verlorene Generation‘ aus den südeuropäischen Ländern zu Wort und wie wird eigentlich Griechenland jenseits der massenmedialen Stigmatisierung als ‚Krisenland‘ erzählt?

Dabei lohnt es, sowohl den ambivalenten Begriff der Krise näher zu betrachten als auch sich auf die Suche nach der (verlorenen) europäischen Idee in der Literatur der Gegenwart zu begeben.

Der inflationäre Gebrauch des Begriffs verrät bereits, dass die Krise weniger Ausnahme- als Normalfall (geworden) ist. Daher bleibt zu fragen, auf welche Art und Weise sich zeitgenössische Texte gegenüber dieser Normalisierung und Omnipräsenz des Krisennarrativs positionieren.

Indem wir uns einem ausgewählten Korpus an Gegenwartsliteratur widmen, wollen wir gemeinsam herausarbeiten, welche Narrative und erzählerischen Verfahren aus den kontemporären Krisen Europas erwachsen.