Das Seminar soll allen Studierenden Gelegenheit geben, aktuelle

Medienforschung zu diskutieren. Das kann geschehen durch die

Diskussion tatsächlicher oder möglicher Diplomarbeits-, Bachelor-,

Masterarbeits- oder Doktorarbeitsthemen, zum anderen durch einen

Blick in aktuelle Medienforschungen. Vorschläge zur Diskussion von

Forschungsartikeln und Bucherscheinungen des Jahres 2007/08 sind

willkommen.

Der Begriff der Körpertechniken wurde vom Sozialanthropologen Marcel

Mauss 1934 eingeführt: die Techniken des Körpers sind die ältesten

Techniken, und sie bleiben in späteren Techniken vorausgesetzt. Seit

Mauss wird der Begriff in allen kulturwissenschaftlichen Disziplinen

wiederholt diskutiert; das Seminar soll sich hier auf die

Zusammenhänge und Wechselwirkungen zwischen Medien und

Körpertechniken konzentrieren. Drei Aspekte werden besondere

Beachtung finden: (1.) die Diskussion von "Technik" überhaupt und

"Medien" im besonderen als technische "Erweiterungen" des

menschlichen Körpers und seiner Organe; (2.) die technische

Einrichtung des Körpers als Medium, sei es durch Sprache, Tanz,

Schauspiel, Trance oder Körpermodifikationen; und (3.) die modernen

Wechselwirkungen zwischen Mediengeschichte und Körpertechniken, etwa

im Bereich des Sports, der Medizin oder der Raumfahrt.
Kulturtheorien der Langen Dauer zeichnen sich durch den Versuch aus,

eine Perspektive für Kontinuitäten zu schaffen, die mehrere

Jahrhunderte oder Jahrtausende überstehen. Eine Wirkung dieser

Perspektivenvertauschung ist die durchaus erwünschte Möglichkeit,

auch kulturelle Umbrüche und soziale Spaltungen aus längerfristigen

Kontinuitäten zu erklären. Globalgeschichtliche und ökologische

Überlegungen haben hier ein besonderes Gewicht, und auch zur

Beurteilung des gegenwärtigen Globalisierungsschubs wird das Seminar

entsprechende Darstellungen der weltweiten Voraussetzungen von

globalen Verflechtungen heranziehen. Das Seminar diskutiert u.a.

Schriften von Fernand Braudel, André Leroi-Gourhan, Alfred Crosby,

Jared Diamond und William H. McNeill.

Mediengeschichte ist seit den Tagen von Harold Innis wiederholt als

eine Geschichte großer mächtiger Organisationen oder Institutionen

geschrieben worden. Die Frage ist seitdem aktuell geblieben: was

haben die großen Macht-Organisationen zur Herausbildung und

Organisation von Medien beigetragen? Und umgekehrt: auf welchen

Medien beruhen die großen Macht-Organisationen? Diese Frage verlangt

nicht nur medienhistorische Einzelstudien, sondern auch eine

machttheoretische Grundlage. Das Seminar soll hier von einer einzigen

aktuellen Machttheorie ausgehen (die allerdings eine Reihe von

Motiven aus anderen Sozialtheorien und Modellen der

Geschichtsschreibung übernimmt): Michael Manns anspruchsvoller, aber

zugleich bestechend klar formulierter Entwurf einer Vierzahl von

(ökonomischen, politischen, militärischen und ideologischen)

Machtquellen und Machtorganisationen. Das Seminar wird zuerst die

Machttheorie Manns diskutieren, und dann einzelne historische

Phänomene der Machtorganisation durch Medien und der

Medienorganisation mit ihren jeweiligen (ökonomischen, politischen,

militärischen und ideologischen) Machtquellen behandeln - etwa die

Entstehung des Christentums im Römischen Reich, die Herausbildung des

modernen Nationalstaates aus der neuzeitlichen Schriftlichkeit; die

amerikanische militärische Forschung in der Frühphase des Computers;

oder die Herausbildung der Massenpresse und ihre Marktförmigkeit.