Gefühle und Emotionen wurden in der (analytischen) Philosophie lange Zeit eher stiefmütterlich behandelt – galten sie doch zumeist als irrational. So wurden sie auch aus der Praktischen Philosophie weitgehend ferngehalten: Unser moralisches Urteilen und Handeln sollte auf rationalen Überlegungen, keineswegs aber auf Gefühlen beruhen. In den 1990ger Jahren kam es dann jedoch zum sogenannten „affective turn“ in den Sozial- und Geisteswissenschaften, infolgedessen sich auch Philosoph*innen verstärkt einer Untersuchung der menschlichen Gefühle und Emotionen zuwandten. So wurde und wird etwa untersucht, wie sich Emotionen zu anderen mentalen Zuständen verhalten, ob ihnen eine epistemische Funktion zukommt oder inwiefern sie motivational wirken. 
Im Seminar wollen wir uns zunächst verschiedenen philosophischen Emotionstheorien zuwenden: Wir werden uns fragen, ob Emotionen als körperliche Empfindungen, als eine Form von Urteilen oder eine Form der Wahrnehmung zu begreifen sind. Auch wollen wir uns fragen, ob uns Emotionen einen (verlässlichen) Zugriff auf die Außenwelt ermöglichen, ob wir beispielsweise durch die Emotion der Angst einen (verlässlichen) Zugriff auf die Eigenschaft der Gefährlichkeit erhalten. Im weiteren Verlauf des Seminars werden wir uns dann der Rolle von Emotionen in der Praktischen Philosophie zuwenden. Können Emotionen etwa als Grundlage für moralische Urteile fungieren? Und welche Rolle kommt Emotionen bei der moralischen Motivation zu? Dabei wollen wir auch spezifische Kandidaten für moralische Emotionen, wie etwa Scham, Schuld oder Bewunderung in den Blick nehmen