Mit dem Begriff der „Supererogation“ wird ein Handeln bezeichnet, das über die Pflicht hinausgeht. Supererogatorische Handlungen sind moralisch gut, aber nicht geboten. Wer sie unterlässt, tut nichts moralisch Falsches. Vielmehr wäre es moralisch besser, sie zu vollziehen. Als paradigmatische Figur für supererogatorisches Handeln gilt der barmherzige Samariter aus dem Lukasevangelium (Lk 10, 25-37).

Mit seinem Aufsatz „Saints and Heroes“ (1958) hat James O. Urmson Moraltheorien kritisiert, die Handlungen entweder als moralisch geboten, verboten oder erlaubt bewerten. Nur mit einer weiteren Kategorie, der des Supererogatorischen, ließe sich jedoch außergewöhnliches Handeln von „Heiligen und Helden“ adäquat beschreiben. Doch gibt es diese Kategorie wirklich? Können traditionelle Moraltheorien wie etwa Kants Ethik dem Supererogatorischen gerecht werden? In der Kant-Forschung finden sich Ansichten, die die Kategorie des Supererogatorischen als überflüssig betrachten. Andere Ansichten betonen wiederum, Kants Moraltheorie könne durchaus diese Kategorie erfassen.

Im Seminar werden Texte im Fokus stehen, die sich den genannten Fragen widmen. Um sich angemessen mit dem Begriff der Supererogation auseinandersetzen zu können, werden im Seminar aber zunächst die Fragen erörtert, was man unter einer Pflicht versteht, welche Arten von Pflichten es gibt und was eine Handlung gut macht.