In unserem Alltag werden werden wir oft mit moralisch geladenen Situationen konfrontiert. Wenn wir sehen, wie eine erwachsene Person ein Kind ins Gesicht schlägt, so werden wir vermutlich die Erfahrung machen, dass diese Handlung moralisch falsch ist. In den letzten Jahren haben Philosoph*innen verstärkt die These vertreten, wir würden in solchen Situationen moralische Eigenschaften wahrnehmen. Wir würden, so die These der moralischen Wahrnehmung, nicht nur sehen, dass das Kind eine blaue Jacke trägt, sondern wir würden auch sehen, dass die Handlung der erwachsenen Person falsch ist.
Wir wollen uns verschiedene Ansätze zur moralischen Wahrnehmung ansehen und uns dabei fragen, ob wir moralische Eigenschaften im wahrsten Sinne des Wortes wahrnehmen können. Wir werden untersuchen, welche Rolle einerseits der Wahrnehmung basaler Eigenschaften (wie Farben und Formen) und andererseits Emotionen, Intuitionen und moralischem (Vor-)Wissen in Fällen sogenannter moralischer Wahrnehmung zukommt. Dabei werden wir auch auf Theorien und Debatten in der zeitgenössischen Wahrnehmungsphilosophie zurückgreifen. Ziel ist es, sich einer bestimmten Art von alltäglichen Begegnungen mit Moral philosophisch kritisch zu nähern, diese Phänomene theoretisch genauer zu fassen und zu hinterfragen, welches Verhältnis zum moralischen Wissen vorliegt.