Der Protestantismus der Frühen Neuzeit war geprägt von einer großen
inneren Pluralität: Konfessionsgruppen, kleinere Gemeinschaften und
Individuen unterschieden sich voneinander aufgrund ihrer religiösen
Ideen und Handlungsweisen genau wie etwa in sozialer Hinsicht. Das
Seminar beschäftigt sich mit der Frage, wie sich angesichts dieser
Vielfalt festlegen lässt, was als religiöse Norm und was als Abweichung
zu gelten hat.
Der Fokus richtet sich zum einen auf die Sichtweisen der Menschen in der
Vormoderne. Wie wurde religiöse Abweichung vonseiten frühneuzeitlicher
Theologen und Obrigkeiten konstruiert und bewertet und welche
Selbstentwürfe pflegten demgegenüber diejenigen, die als Abweichler
beschrieben wurden? Zum anderen gilt die Aufmerksamkeit
Konzeptionalisierungsversuchen seitens der (kirchen-)historischen
Forschung. Diskutiert werden sollen unterschiedliche Modelle und
Begrifflichkeiten, mit denen die Historiographie das Verhältnis von
religiöser Norm und Abweichung beschreibt.
Der Schwerpunkt des Seminars liegt auf dem mitteleuropäischen
Protestantismus des späten 17. und des frühen 18. Jahrhunderts.
Erarbeitet wird das Thema anhand historischer Quellen und aktueller
Sekundärliteratur. Die Lehrveranstaltung gibt einen Überblick über
geschichtliche Kontexte und historiographische Debatten. Daneben führt
sie in Techniken der Arbeit mit frühneuzeitlichen Quellen ein.
- Dozent/in: Lennart Gard