Fortschritt
und Erneuerung sind derzeit in aller Munde. So überschreibt die aktuelle
Bundesregierung ihren Koalitionsvertrag mit „Mehr Fortschritt wagen“, diverse
aktivistische Bewegungen fordern „gesellschaftlichen Wandel“ und
„Systemwechsel“ und insgesamt ist „progressiv“ zur Allerweltsvokabel geworden.
Im Seminar nehmen wir diese Beobachtungen zum Anlass, um uns soziologisch
distanziert zu fragen, welche historischen wie aktuellen gesellschaftlichen
Entwicklungen nötig waren, damit „Fortschritt“ zur Triebfeder moderner
Gesellschaften wurde. Wir diskutieren, welche Vorstellungen von Erneuerungen und
einer besseren Zukunft historisch vorherrschten und blicken darauf, wie sich
diese Vorstellungen bis heute auch wandeln. Kunststoff und Erdöl bspw. galten
zur Zeit ihrer Entdeckung als besonders zukunftstauglich, da sie versprachen,
natürliche Ressourcen zu schonen. Heute stehen dafür nachwachsende Rohstoffe
hoch im Kurs – nicht zuletzt wegen immer deutlicher zutage tretenden
Umweltverschmutzungen. Ähnliches gilt für das Auto, das einst für eine ganze
Generation zum Symbol für individuelle Freiheit und Entfaltung avancierte,
heute dagegen sehr kritisch betrachtet wird. Ziel des Seminars ist es, anhand
solcher Einblicke das Verständnis für das Funktionieren moderner Gesellschaften
zu vertiefen. Außerdem wird gezeigt, dass das, was als fortschrittlich gilt,
immer auch Objekt gesellschaftlicher Aushandlungen ist.
- Dozent: Franz Erhard