Denken wir heute an Möglichkeiten, politisch in der Öffentlichkeit zu
agieren, geht es meist darum, Forderungen zu stellen und gehört zu
werden. Wir denken daran, sichtbar zu handeln und daran, dass dieses
Handeln auch eine Relevanz oder eine Auswirkung auf unser Leben und sein
Umfeld hat. Auch wenn oft nicht trennscharf abgegrenzt wird, was unter
einem politischen Akt in der Öffentlichkeit verstanden wird, stellen
sich viele Handlungen vor, die eng verbunden sind mit unserem
Verständnis von gelebter Demokratie: Der Gang zur Urne, die Teilnahme an
einer Demonstration oder das Kandidieren für ein politisches Mandat.
Eine Reihe gegenwärtiger sozialphilosophischer Theorieströmungen –
anti-liberale Demokratietheorien von links, aber auch von rechts – geht
davon aus, dass es eine Trennung gibt zwischen einem „Innen“, wo sich
all diejenigen versammeln, die gehört werden und handeln können. Diesem
„Innen“ stehen diejenigen Menschen gegenüber, die sich in einem „Außen“
befinden und keinen Zugang haben zu einer Art von Öffentlichkeit, in der
eine gegenseitige Anerkennung vorherrscht und man auf für alle
verbindliche Regeln und Gesetze vertrauen kann. Menschen werden zum
Beispiel ausgeschlossen, weil sie keinen gesicherten rechtlichen Status
besitzen oder weil sie aufgrund von Rassismus oder
Behindertenfeindlichkeit daran gehindert werden, politisch zu
partizipieren. Diese Vorstellung von einer politischen Öffentlichkeit,
die sich über den Ausschluss einzelner Menschen oder ganzer
Menschengruppen definiert, kann bis in die historische sowie
philosophische Antike zurückverfolgt werden.
Im Seminar wollen wir den Entstehungsbedingungen, Wirkweisen und
Konsequenzen eines Politikbegriffs nachspüren, der sich über Ausschlüsse
definiert. Viele der Autor:innen der „Klassiker“ der politischen
Theorie sowie der zeitgenössischen Philosophie, deren Texte wir lesen,
vertreten die Annahme, dass Ausschlüsse auf die eine oder andere Art
konstitutiv für die politische Ordnung sind; die Konsequenzen, die sie
für ihr Denken oder ihre normativen Forderungen an die Gesellschaft
daraus ziehen, könnten aber unterschiedlicher nicht sein: Von
rechtspopulistischen und nationalistischen Rechtfertigungen sowie Kritik
an jenen (Block I) bis hin zu anti-rassistischen Alternativen zu
bestehenden liberalen Demokratien (Block III). Neben der rein
deskriptiven Ebene einer politischen Öffentlichkeit bieten letztere auch
Alternativen für ein gesellschaftliches Zusammenleben an, das sich
nicht über die systematische Exklusion von Menschengruppen auszeichnet.
Die Texte dienen dazu, sozialphilosophische Argumente über Ausschluss
und Exklusion kennenzulernen und nachzuvollziehen, darüber hinaus werden
sie die Diskussionsgrundlage dafür bereitstellen, eigene Perspektiven
auf soziale Ausschlüsse zu entwickeln und Autor:innen kritisch zu
hinterfragen.
- Dozent/in: Magdalene Hengst
- Dozent/in: Christopher Serritelli