Die Selbstwahrnehmung von Schriftsteller*innen und Dichter*innen und die Bewertung der schriftstellerischen Tätigkeit durch die Gesellschaft, wie sie sich seit dem Sturm und Drang und dem Aufkommen der Genieästhetik verstand, haben sich bis heute (in Zeiten von Autor*innenkollektiven und Selbstverlagen) stark verändert. Das anachronistische Bild des in sich gekehrt arbeitenden (Natur-)Genies steht der Vorstellung von der 'Erlernbarkeit' des Schreibens in Schreibschulen und Workshops gegenüber.

 „Schriftsteller ist, wer es sein will“, schreibt Roland Barthes. Der Versuch, das (Autor*in)Sein allein aus dem Willen entstehen zu lassen, ist durch den spiegelnden Blick der Mitmenschen in den allermeisten Fällen zum Scheitern verurteilt. Denn dem Willen müssen Taten folgen und diese wiederum müssen von anderen Menschen interpretiert und respektiert werden. Autor*innen konstituieren sich erst in Auseinandersetzung mit einer Gesellschaft, die sie als solche anerkennt. Autor*in-Sein bedeutet dann nicht mehr nur, es sein zu wollen, auch nicht, zu schreiben und zu veröffentlichen, sondern die Fähigkeiten zu besitzen, sich innerhalb der Gemeinschaft so zu verhalten, dass Selbst- und Fremdwahrnehmung der gesellschaftlichen Position und Rolle weitgehend übereinstimmen.

Das Seminar bietet keine Handlungsempfehlungen auf dem Weg zur Autor*innenkarriere, stattdessen sollen an verschiedenen Beispielen Autor*innenbilder analysiert werden, die Schreibende in ihren Texten selbst entwerfen, aber auch die Vorstellungen beschreibbar gemacht werden, die von außen an sie herangetragen werden.