Die Geburt des evangelischen Pfarrhauses ist ein Identitätsmerkmal der Reformation. Im Pfarrhaus als Lebensort des Pfarrers und seiner Familie manifestierte sich zunächst einmal die Durchbrechung der Zölibatsforderung für Priester. Über die Jahrhunderte wurde es zum Ort der Vorstellung einer idealen Verknüpfung von Bildung, vorbildhaftem Lebenswandel und exemplarischer Lebensbewältigung. Insofern spiegelt es sich wandelnde Ideale – nicht nur in spezifisch kirchen-, sondern generell in kulturgeschichtlicher Hinsicht. Dies betrifft nicht zuletzt das Verhältnis der Geschlechter – insofern die Lebensverhältnisse des Pfarrers über lange Zeit Spiegel und z.T. auch Motor der gesamtgesellschaftlichen Verhältnisse waren. Über die spezifische Prägung der im Pfarrhaus aufwachsenden Kinder wird nicht erst seitdem die Pfarrerskinder Angela Merkel und Joachim Gauck in die Politik eintraten, nachgedacht und geschrieben.

In diesem Seminar sollen einige Schlaglichter auf die Geschichte des evangelischen Pfarrhauses und damit verbunden der sozialen Gruppe der Pfarrerfamilien geworfen werden. Anhand von Literatur und Quellen sowohl zur Innen- und als auch zur Außenwahrnehmung werden Ideale und Realitäten des Lebens im protestantischen Pfarrhaus vom 16. bis zum 20. Jahrhundert diskutiert.