Sie gelten als die Bauten der Superlative und als himmelstrebende architektonische Vision:
Wolkenkratzer. Geliebt und gehasst, als Inkanation der Moderne vergöttert und zugleich als Zerstörer
des nachbarschaftlichen Lebens dämonisiert, halten sie uns in ihrem Bann und präsentieren sich als
urbane Ikonen, Symbole der wirtschaftlichen sowie politischen Macht und als eindrucksvolle
Metaphern für den Glanz und zugleich den städtischen Platzmangel des 20. Jahrhunderts.
Das Streben nach Höhe und immer größeren Dimensionen im Bereich der Architektur weist eine
lange Geschichte auf. Antike Völker errichteten großflächige Monumente, um ihre Götter zu ehren und
an die Grenzen ihres baulichen Könnens zustoßen, im Mittelalter ließen sich mächtige, adelige
Bauherren imposante Wohntürme errichten und kolossale Rathausbauten prägten das Bild vieler
Renaissancestädte. Doch erst mit einer Veränderung der Bauweise, neuen Materialien und
technischen Erfindungen, wie dem Aufzug, konnten sich Wolkenkratzer zum Ende des 19. Jh.
erfolgreich etablieren und ihren heutigen hohen gesellschaftlichen Stellenwert einnehmen.
Wir verfolgen während des Seminars die geschichtliche Entwicklung des Wolkenkratzers von den
aufstrebenden ersten modernen Wolkenkratzerbauten um 1880 im Grenzland Chicagos über die
pompösen Strukturen der New Yorker Hochhausbauten der 1920er, den Aufstieg des International
Styles bis hin zu den modernen Hybriden der heutigen Supertower wie dem Burj al Khalifa oder dem
One World Trade Center.

Neben der Veränderung der baulichen und bautechnischen Gestaltung betrachten wir wirtschaftliche,
politische und soziologische Faktoren, die die einzelnen Entwürfe und späteren Gestaltungen
maßgeblich beeinflussten und zu neuen innovativen Gestaltungslösungen führten sowie
geographische Schwierigkeiten (Wolkenkratzerbauten in Erdbebengebieten, windreiche Städte etc.),
die durch neue gestalterische Ansätze und einfallsreiche Herangehensweisen gelöst werden konnten.

Zugleich werden wir neben dem US-amerikanischen und europäischen Raum einen Blick auf
Wolkenkratzerbauten in asiatischen und arabisch-orientalischen Ländern werfen, ihre Besonderheiten
analysieren und uns mit dem Umgang mit fremden Bautraditionen (Prinzipien des Feng Shui etc.) im
Bezug auf die moderne Wolkenkratzerarchitektur beschäftigen, sodass ein umfangreiches Bild der
Geschichte, der veränderten Bauweisen und weiteren Besonderheiten dieses Bautyps entstehen
kann, das zu guter Letzt durch eine Beschäftigung mit den neuen Sicherheitsstandards nach den
Terroranschlägen des 11. Septembers 2001 abgerundet werden wird.