Seit Zenons Beweisen für die Unmöglichkeit der Bewegung und Aristoteles’ Versuch, diese zu widerlegen, stellt das Kontinuum das Denken vor ein Problem. Dabei handelt sich um die Frage, wie Kontinuität begrifflich erfasst werden kann. Nicht nur die Kontinuität der Bewegung, sondern auch die des Raumes und der Zeit werden davon betroffen, so dass eine Antwort auf diese Frage weitreichende Konsequenzen für unser Verständnis der Natur hat.
Die moderne Mathematik beansprucht, durch die Mengenlehre eine endgültige Antwort auf diese Frage gegeben zu haben. Man glaubt, alle philosophischen Probleme seien durch die Klarheit einer formalen Definition aufgehoben. Diese Definition ist aber nicht voraussetzungslos, und ihre Anwendung auf die Bewegung droht zur Aufhebung jeder Dynamik zu führen, somit zum bewegungslosen Naturbild Zenons. Auf diese Weise wird der Streit zwischen Zenon und Aristoteles erneut relevant.
In der ersten Hälfte des Seminars wird auf die Diskussion des Kontinuums in der aristotelischen Physik eingegangen. In der zweiten Hälfte liegt der Fokus dann auf der gegenwärtigen Diskussion. Im Mittelpunkt dieser Diskussion steht die mengentheoretische Definition des Kontinuums, deren Konsequenzen für unser Verständnis von Raum und Zeit eruiert werden.