Bevor Disco mit dem Film „Saturday Night Fever“ (1977) und dem dazugehörigen Soundtrack endgültig im popkulturellen Mainstream angekommen war, war diese Subkultur ein Zufluchtsort marginalisierter Personen, die im Club einen Zufluchtsort und ein Versprechen von Erlösung fanden.

Ideologien von Zuflucht und Erlösung, von Ausgrenzung und Subversion prägen seitdem die diversen (Sub-)Kulturen elektronischer Tanzmusik. House und Techno in New York und Detroit; "Madchester", Rave und „Second Summer of Love“ in UK; Mauerfall und Techno in Ost- und Westberlin oder Trance im „Hippie-Paradies“ Goa in Indien – alle diese und viele weitere musikalische Subkulturen ziehen ihr Selbstverständnis aus einer Widerständigkeit gegen oder aus einer Abkehr von dominanten politischen, ökonomischen, sozialen und insbesondere ästhetischen Ordnungen.

Aber immer wieder breiten sie sich in den Mainstream und seinen kommerziell bestimmten Logiken aus oder werden von ihm vereinnahmt. Zumeist geht damit eine Standardisierung der Musikästhetik und der Veranstaltungsformen einher, wie man in den 1990er Jahren beim sog. „Eurodance“ oder der Entwicklung der Love Parade, und aktuell mit dem sog. „EDM“ und seinen großen Festivals feststellen kann. 

In diesem Seminar wollen wir uns diversen historischen wie aktuellen Subkulturen elektronischer Tanzmusik zuwenden und untersuchen, wie diese ihre sozialen, kulturellen, politischen und ökonomischen Ordnungen und Widerständigkeiten produziert, geordnet, kommuniziert und weiterentwickelt haben. Insbesondere steht dabei die Frage im Mittelpunkt, ob und wie diese Ordnungen und Widerständigkeiten iin klanglichen Ästhetiken ihren Ausdruck gefunden haben und welche ästhetischen Erlebenssmöglichkeiten (tanz)musikalische Subkulturen bieten. Oder ist es gar umgekehrt: sucht sich die klangliche Ästhetik die jeweils zu ihr passende soziale, politische, ökonomische und kulturelle Ausdrucksweise?

Im Seminar soll in Kleingruppen ein bestimmtes Thema und eine konkrete Fragestellung fundiert bearbeitet werden und die Ergebnisse sollen in einem Referat präsentiert werden. Da manche der zu behandelnden Texte nur auf Englisch vorliegen, ist die Fähigkeit zum Verständnis englischsprachiger Fachliteratur Voraussetzung zum Besuch des Seminars.