Vilem Flusser (1920-1991), jüdischer Autodidakt aus Prag, hat in verschiedenen Kontexten und Konstellationen eine Medien- und Geschichtsphilosophie entwickelt, deren Fluchtpunkt die anthropologische Transformation durch digitale Technologien darstellt. Der Widerspruch von altem Mensch und neuen Medien, von dreidimensional erlebter Umwelt und eindimensionalem alphanumerischen Code, von der Person als „Subjekt“ und als „Projekt“, sind nur einige der Themen, die ihn beschäftigten. Im Seminar soll es um Flussers Medienanthropologie gehen, die sich aus der „Bodenlosigkeit“ des Exils, der Beobachtung postkolonialer Hybridität in seiner Wahlheimat Brasilien, und schließlich aus der phänonemonologischen Tradition Mitteleuropas speist. Dazu werden zentrale Texte Flussers gelesen und mit weiteren medienanthropologischen Entwürfen seiner Zeit und ähnlicher Diskussionszusammenhänge (Turner, Kittler) in Beziehung gesetzt.

Um den Entwicklungsprozess von Theorie auch materiell – und ebendas heißt: als MedienkulturwissenschaftlerIn – beobachten zu können, ist eine zweitägige Exkursion ins Berliner Flusser Archiv geplant, über deren Termin wir uns zu Seminarbeginn verständigen.