Schon früh in unserer Kindheit lernen wir, dass wir bestimmte Dinge tun oder lassen sollen. Auch wenn unsere Verpflichtungen im späteren Leben etwas subtilere Formen annehmen, weil wir beispielsweise Notleidenden helfen sollen, auch wenn wir sie nicht kennen, unser Versprechen gegenüber anderen halten oder jeden Menschen in seiner Würde achten sollen, so weisen diese Arten der Verpflichtung doch ein gemeinsames Merkmal auf: Wir sollen etwas Bestimmtes tun oder unterlassen, unabhängig davon, ob wir uns davon Vorteile versprechen können. Was genau bedeutet es jedoch, dass wir moralisch verpflichtet sind, insbesondere wenn sich daraus ein Handeln gegen unsere eigenen Interessen oder sogar zu unserem eigenen Schaden ergeben würde? Und wie lässt es sich begründen, dass solche Verpflichtungen für uns tatsächlich bestehen?

Im Seminar wollen wir uns dem Phänomen der moralischen Verpflichtung in Auseinandersetzung mit historischen und gegenwärtigen Positionen nähern. Dabei wird sich zeigen, dass der innerhalb einer Theorie vorausgesetzte Moralbegriff für das Verständnis von Verpflichtung wesentlich ist. Wir lesen klassische Texte u. a. von Hobbes, Pufendorf, Kant und Nietzsche sowie aus der Moralphilosophie der Gegenwart u. a. von Peter Stemmer, Ernst Tugendhat, Ursula Wolf und Jay Wallace. Es werden Textvorlagen zur Verfügung gestellt.